Wein und die Welt im Wandel
Wein ist ein Spiegel der Welt – er erzählt Geschichten von Traditionen, Natur und Kultur. Und so bleibt natürlich auch die Weinwelt nicht von den großen Veränderungen unserer Zeit verschont. Klimawandel, Globalisierung und sich wandelnde Verbrauchertrends stellen Winzer vor neue Herausforderungen, bringen aber auch spannende Innovationen hervor. Wir beleuchten, wie sich die Weinwelt verändert und welche Chancen sich daraus ergeben.
Klimawandel: Wenn sich die Weinlandkarte verschiebt
Steigende Temperaturen und veränderte Niederschlagsmuster sorgen dafür, dass traditionelle Anbaugebiete unter Druck geraten. In südlichen Regionen kämpfen Winzer mit Dürre und extremer Hitze, während sich gleichzeitig neue Weinregionen auftun – Skandinavien und Großbritannien gehören mittlerweile zu ernstzunehmenden Produzenten. Besonders gefragt sind hitzeresistente Rebsorten sowie nachhaltige Bewirtschaftungsmethoden, um den neuen klimatischen Bedingungen gerecht zu werden.
Temperaturanstieg:
Der global erwartete Temperaturanstieg könnte erhebliche Auswirkungen auf viele Weinbaugebiete haben. In bis zu 70% der Weinbauregionen weltweit wäre der Weinbau bei einer Klimaerwärmung um 2 °C massiv gefährdet. Das hat eine Studien-Analyse der renommierten Zeitschrift „Nature" ergeben. Die höheren Temperaturen führen auch zu einer Verschiebung der Anbauflächen in kühlere Regionen. So profitieren England und Skandinavien inzwischen bereits vom wärmeren Klima.
Quelle: Climate change impacts and adaptations of wine production, Nature Reviews Earth & Environment (Nat Rev Earth Environ), März 2024
Extremwetter: Hitze, Dürre, Frost – Wie Winzer reagieren
Winzer weltweit müssen diese neuen klimatischen Bedingungen beachten und auf sie mit Innovation und Kreativität reagieren.
Ob extreme Sommerhitze, unvorhersehbare Frühjahrsfröste oder längere Dürreperioden – die Auswirkungen des Klimawandels erfordern innovative Anpassungsstrategien. Viele Winzer setzen auf trockenheitsresistente Rebsorten, bessere Bodenpflege oder Schattierungsstrategien. In einigen Regionen wird sogar mit unterirdischer Bewässerung und neuen Pflanzmethoden experimentiert, um die Widerstandsfähigkeit der Reben zu erhöhen.
Während in Europa extreme Wetterereignisse wie Waldbrände in Südfrankreich oder Hochwasser in Deutschland viele Weinregionen vor Herausforderungen stellen, kämpfen Winzer in der Neuen Welt mit ähnlichen Problemen. In Australien werden Weinberge in kühlere Regionen verlegt und Bewässerungssysteme optimiert, um Wasserknappheit zu begegnen. In Südafrika experimentieren Weinbauern mit trockenheitsresistenten Rebsorten und setzen auf biodynamische Anbaumethoden, um den Wasserverbrauch zu reduzieren. In Chile wird der Weinbau zunehmend in höhere Lagen der Anden verlagert, um die Reben vor anhaltender Dürre zu schützen. Diese Entwicklungen machen ein Umdenken in der Weinbranche nötig. Winzer weltweit müssen diese neuen klimatischen Bedingungen beachten und auf sie mit Innovation und Kreativität reagieren. Das bedeutet, dass sie innovative Anbau- und Anpassungsstrategien nutzen, wie beispielsweise die Auswahl hitze- und trockenheitsresistenter Rebsorten und die Anpassung ihrer Anbautechniken.
In unserem WeinChat mit der Klimawissenschaftlerin Prof. Dr. Claudia Kammann von der Hochschule Geisenheim University erfährst du mehr über den Umgang mit dem Klimawandel im Weinbau.
Zum WeinChat
Globalisierung: Warum Supermarkt-Weine immer ähnlicher schmecken
Die Weinindustrie wird von einer wachsenden Zahl großer, internationaler Konzerne dominiert, die standardisierte Geschmacksprofile für den Massenmarkt produzieren. Große Kellereien konzentrieren sich oft auf populäre, weltweit anerkannte Rebsorten wie Chardonnay, Merlot oder Cabernet Sauvignon, um Konsumentenbedürfnisse in verschiedenen Märkten zu bedienen. Diese Weine sind in Geschmack und Struktur oft ähnlich, da Konsumenten Vertrautheit schätzen.
Ein Chardonnay aus Kalifornien schmeckt ähnlich wie ein Chardonnay aus Australien.
Durch den Einsatz moderner Technologien und Methoden, wie zum Beispiel Temperature Control, kontrollierte Gärung und international standardisierte Prozesse können Weine in unterschiedlichen Ländern mit ähnlichen Techniken hergestellt werden. Das trägt ebenfalls zur Vereinheitlichung der Geschmacksprofile bei. So schmeckt ein Chardonnay aus Kalifornien in der Regel ähnlich wie ein Chardonnay aus Australien. Supermärkte und große Handelsketten bevorzugen oft Weine, die leicht verständlich sind und bei einer breiten Zielgruppe gut ankommen. Sie setzen dabei auf Weine, die gleichbleibende Qualität und einfache Trinkbarkeit bieten.
Für einige Konsumenten spielt Bequemlichkeit und Verlässlichkeit eines vertrauten Geschmacks eine große Rolle. Wer auf Reisen ist oder einfach keine Überraschungen mag, weiß, dass er überall einen Wein mit bekannten Aromen genießen kann. Während Abenteurer und Entdecker nach einzigartigen Geschmacksprofilen streben, schätzen Gelegenheitsweintrinker oder sicherheitsliebende Konsumenten die Verlässlichkeit eines vertrauten Geschmacks und Vorhersehbarkeit internationaler Weine.
Gegenbewegung: Regionale Besonderheiten und der Kampf gegen die Massenproduktion
Während der globale Weinmarkt von großen Produzenten dominiert wird, wächst gleichzeitig die Gegenbewegung. Viele kleinere Weingüter setzen auf Handwerkskunst und Authentizität. Regionen wie das Jura in Frankreich oder die portugiesische Inselgruppe der Azoren haben sich bewusst gegen industrielle Produktion entschieden und bewahren traditionelle Weinbautechniken. Und immer mehr Weinliebhaber suchen genau danach – authentische Weine, die den Charakter ihrer Region bewahren.