Wein ist kein reines Landprodukt mehr. Immer mehr Städte entdecken die Weinproduktion für sich. Ein Beispiel ist das Weingut der Stadt Stuttgart, das 16 Hektar Rebfläche mitten im Stadtgebiet bewirtschaftet und hochprämierte Weine hervorbringt. Auch das Weingut der Stadt Frankfurt produziert erstklassige Tropfen in einem urbanen Umfeld. Solche Projekte zeigen, dass auch große Städte mit Terroir und Tradition punkten können – und Stadtbewohnern von Jung bis Alt für den Wein begeistern.

Während traditionelle Weingüter auf Hektarflächen arbeiten, beweisen urbane Projekte – auch wenn sie oft nur kleine Mengen hervorbringen – dass Weinbau in der Stadt nicht nur möglich, sondern kulturell und wirtschaftlich interessant ist. Die Zahlen und Erfolgsgeschichten variieren je nach Region und Projekt, zeigen aber insgesamt einen klaren Trend in Richtung urbaner, innovativer Weinkonzepte.

Die klassische Weinstube hat Konkurrenz bekommen: Junge Weinbars interpretieren den Weingenuss neu und verstehen sich als lebendige Erlebniswelten, die Tradition und Moderne miteinander verbinden. Oft werden neben klassischen Weinen, auch seltene und ausgefallene Sorten wie Naturweine, Orangeweine oder biodynamische Weine angeboten. Viele innovative Weinbars brechen mit dem klassischen, dunklen Ambiente traditioneller Weinstuben. Stattdessen setzen sie auf helle, offene Räume und außergewöhnliche Designelemente, die ein modernes Flair vermitteln.

Wein muss nicht im Weinkeller oder klassischen Weinlokalen verkostet werden – das beweisen Pop-up-Weinbars und kurzzeitige Events. Solche Veranstaltungen tauchen überraschend an neuen Orten auf, von alten Fabrikhallen bis zu Dachterrassen. diese Pop-Up-Events sind ein unkonventioneller Berührungspunkt für Winzer und und Weinfans. Junge Weinliebhaber probieren in lockerer, ungezwungener Atmosphäre Neues aus, oft begleitet von Musik, Street Food oder außergewöhnlichen Verkostungen. So wird Wein in vielen Städten weltweit auf kreative Weise in den urbanen Alltag integriert.

In London gibt es beispielsweise die Wine Car Boot, ein frisches Weinverkostungsevent. Das Ganze ist eine Art mobile Weinmesse, bei der unabhängige Weinhändler und Winzer ihre Weine direkt aus dem Autokofferraum (englisch: boot) verkaufen und zur Verkostung anbieten. Typischerweise findet das Wine Car Boot an außergewöhnlichen Orten wie z.B. auf Marktplätzen, auf stillgelegten Industriegeländen oder in Parks statt. Neben Weinverkostungen sind oft Food Trucks und Street Food-Stände vor Ort, die das kulinarische Erlebnis abrunden. Ebenfalls in London betreibt die trendige Weinbar Sager + Wilde regelmäßig Pop-ups in unkonventionellen Räumen in East London – von stillgelegten Bahnstationen bis zu alten Lagerhäusern. Oft in Verbindung mit lokalen Künstler- und Food-Szene-Events.

Alles wird digitaler, auch in der Weinbranche: Immer mehr Winzer und Sommeliers nutzen digitale Tools und Kanäle nicht nur fürs Marketing, sondern bieten beispielsweise virtuelle Verkostungen an oder auch interaktive Tastings, bei denen Gäste über Tablets oder Apps mehr über die Weine, deren Herkunft und Besonderheiten erfahren können. Dabei bekommen die Interessierten vorab eine Auswahl an Weinen nach Hause geliefert und erleben dann gemeinsam mit einer Expertin, dem Winzer oder einer Sommerlier ein Tasting, auch wenn nicht alle am selben Ort sind. Gerade während der Corona-Pandemie wurde natürlich auf die digitalen Räume ausgewichen, aber der Ansatz bleibt erhalten, weil damit Weinfans die Möglichkeit haben, Winzer und Weine weltweit zu entdecken und sich zu vernetzen. In der Gastronomie werden auch auch digitale Weinkarten eingesetzt, die detailliertere Informationen zu jedem Wein bieten oder Liebhaber können über Virtual-Reality-Erlebnisse Weinregionen erkunden und ihre Lieblingsweingüter besuchen.